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Iduna-Zentrum

Das Iduna-Zentrum – Ausdruck kolonialer, rassistischer Kontinuitäten

Lasst ihr euren Blick in Göttingen Richtung Norden schweifen, seht ihr oft ein hohes, recht unspektakuläres, weißes Wohngebäude. Vielleicht kommt es euch bekannt vor – während der ersten Corona-Welle im Frühling/Sommer 2020 wurde deutschlandweit darüber berichtet. Eine Aufzeichnung der Geschehnisse findet ihr in diesem Artikel. Die Rede ist vom Iduna-Zentrum, ein ursprünglich als Prestige-Objekt angepriesenes Gebäude. In den letzten Jahren ist bekannt geworden, dass sich die dortigen Wohn- und Lebensbedingungen verschlechtert haben. Dieser
Artikel der Hannoverschen Allgemeinen gibt einen Überblick über die Geschichte des Wohnkomplexes. Nach einer Studie der Uni Friedensau nimmt ein Großteil der Bewohnenden die derzeit geltenden Corona-Regelungen (Stand Herbst/Winter 2021) als starke Einschränkung ihrer Lebenssituation wahr. So können sie teilweise ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen oder wurden in die Kurzarbeit geschickt.

Auch in ihrem Alltag im Iduna-Zentrum erleben die Anwohnenden Einschränkungen und Veränderungen: Durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens haben sich viele in Eigenisolation begeben. Die für viele so wichtigen familiären und freundschaftlichen Beziehungen konnten so kaum gepflegt werden und viele der Anwohnenden stellen eine Verschlechterung ihrer mentalen Gesundheit fest. Schwerwiegend sind zudem die unzureichenden Hygienestandards in den Wohnungen und der viel zu kleine Wohnraum, der eine häusliche Isolation zu einer großen Herausforderung macht.

Leider berichten die Bewohnenden auch von diskriminierenden und/oder rassistischen Erfahrungen. Viele werden ganz unabhängig von Corona aufgrund ihrer Meldeadresse stigmatisiert und beispielsweise bei der Jobsuche benachteiligt. Asiatisch-gelesene Personen erzählen außerdem von rassistischen Bemerkungen und Anfeindungen aufgrund ihrer zugeschriebenen Herkunft. Fälschlicherweise werden sie im Zuge dessen als „Ausgangspunkt des Virus“ betitelt und oft gesellschaftlich gemieden.

Nur wenige der dort wohnenden Menschen erfahren Schutz und Unterstützung durch soziale Sicherungssysteme oder die Stadt Göttingen. Vielmehr sind sie sich oft selbst überlassen, was sie insbesondere während der Corona-Pandemie schwer trifft. Die Berichterstattung über die Corona-Situation im Iduna-Zentrum im Frühling/Sommer 2020, in welcher überwiegend muslimische „Großfamilien“ und traditionelle Feste als Ursache des schnellen Infektionsgeschehens betitelt wurden, sind aufgrund mangelnder Beweise rassistisch und diskriminierend. In diesem Sinne mahnt die Organisation „Brot für die Welt“, dass die Pandemie eine „Bewährungsprobe für die Menschenrechte“ darstelle. Noch immer werden Menschen aufgrund ihrer zugeschriebenen ethnischen Herkunft sozial und strukturell benachteiligt. Wohnkomplexe, wie das Iduna-Zentrum, sind Ausdruck von kolonialen, rassistischen Kontinuitäten, die das Bild vieler deutscher Städte prägen. In welcher Verbindung die Corona-Pandemie, Kapitalismus und Rassismus stehen und was der Kolonialismus damit zu tun hat, stellt dieser Artikel besonders deutlich heraus.

Ein kleiner Tipp: Kennt ihr den Verein „Haus der Hoffnung e.V.“? Als Träger des „Hope Cafés“ in der Groner-Tor-Straße 29A unterstützen sie Anwohnende durch verschiedene Projekte.
Hier erfahrt ihr mehr.

Quellen:

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